LE DROIT HUMAIN (DHI): Ein Blick nach Afrika

Aus Freimaurer-Wiki

Ein persönlicher Erlebnisbericht der österreichischen Freimaurerin Lilo Almog im Juni 2025

Lilo Almog ist als SMGK („Sehr Mächtige Großkommandeurin“) die ranghöchste Freimaurerin des österreichischen LE DROIT HUMAIN (DHÖ). Als eine von fünf EuropäerInnen nahm sie vom 13. bis zum 16. Juni 2025 im südafrikanischen Johannisburg am ersten internationalen Kolloquium des DHI in Afrika teil. Für das Freimaurer-Wiki dankt Rudi Rabe Lilo Almog für die Bereitstellung einer persönlichen „Tagebuchnotiz“, in dem sie das Ereignis beschreibt und in seiner Bedeutung für das DHI einordnet.


Ungefähr 160 TeilnehmerInnen, 85 Prozent farbig, wir sind fünf aus Europa, darunter vier Mitglieder des OR (= Oberster Rat des DHI aus Paris). Aus Afrika vier Föderationen zwei Pionierföderationen, zwei Pionierlogen (Pionier = Föderationen und Logen im Aufbau). Von ihnen allen gibt es Berichte, die sehr spannend sind. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Afrika als einen Kontinent der Zukunft darstellen, mit einer jungen Bevölkerung, im Aufbruch, aber auch in Unruhe.

Die Werte der Freimaurerei, des LDH (= Ligue des droits de l’Homme; eine 1898 gegründete französische Association zur Verteidigung der Menschenrechte), haben ein großes Potential, an der Gestaltung der sozialen und spirituellen Zukunft Anteil zu haben, aber nur, wenn die Kongruenz zu der lokalen Tradition überzeugend vermittelt werden kann.

Die gebildete und progressive afrikanische Elite hat ein starkes Bedürfnis nach Möglichkeiten gesellschaftlicher und geistiger Entfaltung jenseits des vorhandenen Angebots, das sich zwischen den traditionellen Religionen (die in Afrika viel rigoros-konservativer auftreten als in Europa), den aggressiv werbenden Evangelikalen und den verschiedenen Spielarten der afrikanischen Kulte abspielt. Offensichtlich sind aufgrund dieser stark verankerten „Konkurrenz“ auch die Vorurteile gegenüber der Freimaurerei in Afrika radikaler als in Europa, und es bedarf gezielter Strategien, um damit umzugehen.

Auch der Verdacht, gedankliches „Fremdgut“ als postimperiales Oktroy zu importieren, ist sehr präsent. In den Papieren wird deutlicher als dann in den Gesprächen während des Kolloquiums auf die sozialen Spannungen, die Belastung durch die traditionellen Geschlechter- und Familienmodelle sowie den durch Korruption behinderten Fortschritt hingewiesen. In meinen wenigen persönlichen Gesprächen mit Schwarzafrikanern habe ich den Eindruck gewonnen, dass die formalen und informellen Regeln des Umgangs miteinander sehr streng sind und die Deutlichkeit, die in einem Essay gestattet ist, im Gespräch nicht möglich ist.

Drei Workshops mit drei Themen:

  1. Die Integration der Besonderheit der afrikanischen Kulturen im Rahmen des DHI unter Einhaltung des AASR (= Alter und Angenommener Schottischer Ritus).
  2. Wie kann der DHI in Afrika deutlicher sichtbar werden?
  3. Welche Möglichkeiten hat der DHI die afrikanischen Gesellschaften mitzugestalten?
Eine Freimaurerei in zwei Welten - Lilo Almog mit einem hochrangigen südafrikanischen Bruder: „Er war als Manager sehr engagiert in der Organisation des Kolloquiums und meine Hauptauskunftsquelle als Gesprächspartner über die Kultur der Zulus.“

Die bearbeiteten Themen betreffen bestimmt uns alle, haben aber in den dynamisch Gesellschaften Afrikas ein besonderes Momentum. Ich war in der Gruppe 1. Es gab eine große Übereinkunft über die grundsätzliche Notwendigkeit, kulturelles Erbe und Individualität in die Freimaurerei einzubringen. In Wahrung der Rituale und der Grundsätze des AASR gibt es Spielraum für Zeremonien und Erzählungen.

Was mich persönlich beschäftigt ist – über Afrika hinaus – die weiche Grenze der Folklore zu religiösen Einflüssen, die gegen die Laizität verstoßen. Und eine weiter grundsätzliche Frage, wie in Gesellschaften, die eine andere Auffassung von Individuum und Kollektiv haben, die Frage der Entscheidung (Laizität!) des Einzelnen gesehen wird. Vieles wird wohl in kleinen Schritten, auch mit „try-and-error“ zu erarbeiten sein.

In den Arbeitsgruppen 2 und 3 gab es Überschneidungen. Summe aus deren Berichten: Für einen Kontinent mit einer so jungen Bevölkerung ist der Einsatz der elektronischen Kommunikationsmedien eine Selbstverständlichkeit. Die Zusammenarbeit mit anderen Freimaurerorganisationen wird vorangetrieben und Formate der Halböffentlichkeit – wie „Weiße Arbeiten“ - sind in Erprobung. Aktives Herangehen an die ansprechbaren Gruppen der Gesellschaft – Studenten, junge Professionals – Informationsveranstaltungen sind von zentraler Bedeutung. Aber die Brüche innerhalb der Gesellschaft sind stark spürbar: große soziale Unterschiede, Bildungsgefälle, Verharren in traditionellen Denkmustern mit den damit verbundenen Vorurteilen erschweren das Fortschrittsstreben nicht nur für die FreimauerInnen. Unruhige Zeiten sind Chance und Gefahr. Verunsicherung treibt in Regression, aber andererseits sind Vernetzungskanäle offen, die in etablierten Strukturen oft schon erstarrt sind.

Mir ist dazu die Situation Österreichs nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie zu Beginn des 20.Jahrhunderts eingefallen. Ein so enormer Bedarf an Erneuerung setzt Gestaltungspotential frei und ermöglicht geistige Offenheit, ermöglicht Zusammenarbeit über bis dahin starre Grenzen. Wir hier in Österreich haben allen Grund, diese Epoche als das „Goldene Zeitalter“ der Freimaurerei zu rühmen. Vielleicht können zumindest Teile Afrikas in hundert Jahren auf das Heute genauso zurückblicken.

Die gesellige Kommunikation unter den Teilnehmenden bewegte sich, wie bei solchen Treffen üblich, zwischen freundlichem Geplauder über Haustiere und Enkelkinder zu spannenden Themen der Gesellschaft innerhalb und außerhalb der Freimaurerei sowie Netzwerkerei und allerlei Gruppendynamischem. Fleißig werden Fotos gemacht und verschickt, Freundschaften und Allianzen werden geschmiedet, gefestigt und vielleicht schon bald wieder vergessen.

Eingebettet in dieses Geschehen war der kleine Einblick in ein Leben mit ganz anderen Voraussetzungen lehrreich und die Stunden unter dem weiten, freien Himmel Südafrikas wunderbar. Ich danke dem LE DROIT HUMAIN für diese Erfahrung.

Ein Gruppenfoto muss sein


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