Japan: Eine lange masonische Reise bis heute (2025)

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Der folgende Text ist die Übersetzung eines englischsprachigen Vortrags, den der japanische PastGrandMaster Shinya Takeda am 12. August 2025 in einer rituellen Arbeit der Wiener Loge MOZART vor österreichischen Brüdern hielt. Vermittelt wurde dieser interessante Besuch von Bruder Wolfgang, einem Mitglied dieser Loge. Für das Freimaurer-Wiki dankt Rudi Rabe den beiden für die Zurverfügungstellung des Vortragstextes.

Shinya Takeda ist Jahrgang 1949. Gand Master der japanischen Großloge war er 2017 ein Jahr lang. Von wenigen Ausnahmen abgesehen wurde in Japan seit Gründung der Großloge 1957 jedes Jahr ein neuer Großmeister gewählt.

Es folgt der Votragstext auf Deutsch:



Shinya Takeda bei seinem Vortrag im Wiener Logenhaus vor der Wiener Loge MOZART

Japan war früher ein sehr isolierter Inselstaat

Infolgedessen hat sich dort eine von der Außenwelt abgegrenzte kulturelle Sphäre entwickelt. Der Shintoismus, der auf der alten Naturverehrung basiert, wurde vor etwa 2.000 Jahren perfektioniert und zur spirituellen Grundlage des täglichen Lebens.

Dann kamen neue Ideen aus Übersee. Vor 1.500 Jahren wurde der Buddhismus eingeführt und mit dem Shintoismus zu einem grundlegenden moralischen Standard verschmolzen. Das Christentum wurde vor etwa 500 Jahren, 1.000 Jahre nach dem Buddhismus, in Japan eingeführt. Es war danach 300 Jahre lang verboten und hat daher eine weniger als 200-jährige Geschichte. Vielleicht liegt die Zahl der Christen in Japan deshalb bei nur einem Prozent der Bevölkerung. Dies führt dazu, dass die Bedingungen für die Verwurzelung von Ideen und Kultur bzw. für kulturelle Verschmelzung und Synkretismus berücksichtigt werden müssen. So oder so hat es lange gedauert.

Am Anfang standen ab 1779 niederländische Freimaurer

1779 kam der niederländische Handelsherr Isaac Tisingh nach Japan und ließ sich in Dejima in der Präfektur Nagasaki nieder. 1772 war er der Loge „La Fidéle Sincérité“ in Batavia (heute Jakarta, Indonesien) beigetreten. Er gilt als der erste Freimaurer Japans.

Während seines Aufenthalts in Japan führte er westliche Wissenschaft und Kultur ein und trug durch seinen Austausch mit japanischen Gelehrten zur Modernisierung Japans bei. Noch interessanter ist, dass er Japans Herrscher, dem Shogun, über die politische Lage im Westen berichtete. Und dies war damals Japans einzige Informationsquelle über den Westen.

In den folgenden hundert Jahren waren die meisten Leiter des niederländischen Handelspostens Freimaurer. Mit anderen Worten: Informationen über den Westen wurden von Freimaurern kontrolliert. Es gibt jedoch keine Aufzeichnungen über eine offizielle Loge auf Dejima.

Die erste Loge war 1865 aber eine britisch-irische Militärloge

Das erste Logentreffen in Japan wurde von einer Militärloge abgehalten. Zu den britischen Infanterieregimentern, die nach Yokohama gezogen waren, um ausländische Einwohner vor Samurai zu schützen, die sich der Öffnungspolitik des Tokugawa-Shogunats widersetzten, gehörte auch eine irische Loge namens „Sphinx-Loge Nr. 263“.

Sie mieteten ein Gebäude in der ausländischen Siedlung und hielten am 27. Januar 1865 ihre erste Sitzung ab. Dies war die erste offiziell dokumentierte Logensitzung in Japan. Daher kann man sagen, dass die Freimaurerei in Japan seit 1865 besteht. Es ist aber auch wahr, dass die Freimaurerei in Japan seit ihrer Gründung auf ausländische Einwohner beschränkt war.

Danach wurden acht zivile Logen in verschiedenen ausländischen Siedlungen gegründet: 1866 in Yokohama, 1870 folgten Osaka und Tokio, 1872 Kobe und 1885 Nagasaki. Natürlich waren alle Mitglieder Ausländer. Für die japanische Bevölkerung bliebe die Freimaurerei eine unbekannte Größe.

Unter den Ausländern, die vom Ende der Edo-Zeit bis zur Meiji-Zeit (1860–1890) nach Japan kamen, befanden sich Experten, Ingenieure und Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen, die einen bedeutenden Beitrag zur Modernisierung Japans leisteten. Viele von ihnen waren Freimaurer und beteiligten sich aktiv an Logenaktivitäten. Ich glaube, wenn sie die Freimaurerei der japanischen Gesellschaft damals angemessen hätten vorstellen und erklären können, hätte die Geschichte der Freimaurerei in Japan möglicherweise einen völlig anderen Verlauf genommen. Sie wären als Verfechter von Technologie und Kultur respektiert und geliebt worden. Doch in Wirklichkeit geschah das Gegenteil.

Doch Ende des 19. Jahrhunderts verfügte die Regierung Einschränkungen

1897 verbot die japanische Regierung geheime Versammlungen. Mit anderen Worten: Die Regierung verwehrte den Japanern die Versammlungsfreiheit.

Freimaurerorganisationen befürchteten, dass diese Situation auch auf Ausländer übertragen werden könnte. Die Freimaurer sprachen mit der Regierung und schlossen ein Gentlemen’s Agreement. Es besagte, dass sich Freimaurer treffen durften, sofern sie keine Japaner beitreten ließen, keine Kontakte zur japanischen Gesellschaft pflegten und keine öffentlichen Aktivitäten durchführten. Aus diesem Grund erlaubte die Regierung Freimaurertreffen. Dieses Abkommen galt bis 1941, als der Zweite Weltkrieg begann und alle Logen geschlossen wurden.

Durch diese Einschränkungen wurde die Freimaurerei ein halbes Jahrhundert lang von der japanischen Gesellschaft ferngehalten. Die Menschen betrachteten sie als etwas Fremdartiges, Verdächtiges und Gefährliches. Auch heute noch ist Japan eines der wenigen Industrieländer, in denen die Freimaurerei wenig bekannt ist, und viele Menschen haben immer noch große Missverständnisse und Vorurteile.

1945: Nach dem Zweiten Weltkrieg brachten die Amerikaner Freimaurerlogen

Im September 1945, unmittelbar nach Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg, marschierten etwa 450.000 US-Soldaten in Japan ein. Unter ihnen waren viele Freimaurer, und unter der Jurisdiktion der philippinischen Großloge wurden bis 1957 insgesamt 16 Logen auf Militärstützpunkten gegründet. Darüberhinaus wurden fünf Logen von Freimaurern reaktiviert, die bei Kriegsausbruch als feindliche Staatsangehörige vertrieben oder inhaftiert worden waren.

Sie fragen sich vielleicht, warum diese Logen jetzt der Jurisdiktion der Großloge der Philippinen und nicht der Großloge von Kalifornien in den Vereinigten Staaten unterstand. Der Grund dafür ist, dass die Großloge von Kalifornien antwortete, dass sie Logen außerhalb der kontinentalen Vereinigten Staaten nicht offiziell anerkennen würde. Ein weiterer Faktor dürfte die enge Verbindung zwischen dem amerikanischen General MacArthur und den Philippinen sein.

Und ab 1949 konnten auch Japaner aufgenommen werden

General Douglas MacArthur, der Oberbefehlshaber der alliierten Besatzungstruppen, wurde unter besonderer Ehrung und nach außergewöhnlichen Verfahren in die Freimaurerloge auf den Philippinen aufgenommen. Zu MacArthurs Gefolge gehörten viele Freimaurer. Einer von ihnen, Michel A. Rivisto, war Meister der Tokioter Freimaurerloge und verabschiedete am 30. November 1949 eine Resolution zur Aufnahme japanischer Mitglieder. Ab nun konnten zum ersten Mal auch Japaner legal Freimaurer werden.

Am 6. Januar 1950 wurden sieben Japaner als erste japanische Freimaurer in die Tokioter Freimaurerloge aufgenommen. Fünf der sieben waren Mitglieder des Parlaments. Und bald wuchs die Mitgliederzahl auf etwa 300 an.

Ein paar Jahre danach wurde eine japanische Großloge gegründet

1957 schlossen sich 14 der 16 Logen unter der Jurisdiktion der Philippinischen Großloge zusammen, um die Großloge von Japan zu gründen. Der erste Großmeister von Japan war Carlos Rodriguez Jimenez, ein venezolanischer Diplomat, der seine diplomatischen Fähigkeiten nutzte, um diese Großloge zu gründen.

Zum Zeitpunkt der Gründung zählte diese Großloge etwa 2.400 Mitglieder. In den folgenden 15 Jahren stiegen die Zahlen ständig an. 1972 gab es 18 Logen mit 4.800 Mitgliedern - ein Höhepunkt.

Gute Dinge halten nicht ewig. Im Jahr 1969 wurde auf Grundlage der „Nixon-Doktrin“ von Präsident Nixon, die besagte, dass „asiatische Nationen für ihre eigene Verteidigung verantwortlich sein sollten“, die Reduzierung der US-Streitkräfte in ganz Asien vorangetrieben, und auch Japan wurde in diese Politik einbezogen. Zwischen 1970 und 1972 reduzierten die Vereinigten Staaten ihre militärische Präsenz in Asien Berichten zufolge um etwa 460.000 Mann.

Ab 1970: Durch die Reduktion des US-Militärs gingen die Freimaurerzahlen wieder zurück

Zwar blieben viele Militärs nach ihrer Rückkehr in die Heimat den japanischen Logen treu. Dennoch überstieg die Zahl der Abgänge bald jene der Neuaufnahmen, und so sank die Gesamtmitgliederzahl alle zehn Jahre um 1.000 Personen. Sie hat sich nun bei etwa 1.600 eingependelt.

Von den 1970er bis in die 1980er Jahre herrschte in der japanischen Gesellschaft der Eindruck, dass sich bösartige Verschwörungstheorien aus der Vorkriegszeit als Gerüchte hartnäckig hielten. In Buchhandlungen und Horrormagazinen wurde ausschließlich über die Freimaurerei berichtet, und die breite Öffentlichkeit nahm ihre Existenz nicht einmal ernst.

Tatsächlich fanden die Aktivitäten der Freimaurer hauptsächlich auf US-Militärstützpunkten statt, und einige befürchteten, dass die Aktivitäten der Freimaurer in Japan mit dem Abzug des US-Militärs enden würden. Japan erlebte jedoch eine Phase hohen Wirtschaftswachstums, und es wurden Anstrengungen unternommen, eine Stiftung für dauerhafte freimaurerische Aktivitäten in Japan zu gründen.

Ab den 1980ern erfolgte langsam eine „Japanisierung“ der Freimaurerei

Die Großloge von Japan verschob sich nun mehr und mehr zu japanischen Mitgliedern. 1981 gründete sie das Freimaurerzentrum Tokio. Und 1986 wurde sie schließlich von der Vereinigte Großloge von England offiziell anerkannt.

Die Freimaurertempel, in denen die rituellen masonischen Treffen stattfinden, gleichen sich überall auf der Welt. Das gilt auch für den Tempel im Freimaurerzentrum in Tokyo.

Für mich persönlich waren 1981 und 1986 wichtige Jahre. Im November 1981 wurde ich in die Tokyo Yuai Loge aufgenommen, und 1986 wurde ich Meister vom Stuhl dieser Loge. Ich diente insgesamt fünf Mal als Logenmeister.

Danach hatte ich verschiedene Ämter in der Großloge inne. Und 2017 nahm ich als Großmeister von Japan an den Feierlichkeiten zum 300-jährigen Jubiläum der englischen Großlog UGLE teil.

Seit ein paar Jahren öffnet sich die japanische Freimaurerei mehr und mehr nach außen

2017 begann die Freimaurerei in Japan einen Wandel hin zur Offenheit, indem sie aktiv Informationsveranstaltungen (Tag der offenen Tür) veranstaltete, um das Verständnis in der Öffentlichkeit zu fördern.

Im selben Jahr erregte ein von einem Soziologen verfasstes Einführungsbuch zur Freimaurerei großes Aufsehen. Und 2020 erschien das Forschungsbuch der Past Grandmaster als Taschenbuch, was das Verständnis für die Freimaurerei in der japanischen Gesellschaft allmählich steigerte.

2025: 18 Logen - japanisch, englisch und zweisprachig

Im Jahr 2025 waren die Hälfte der Großlogenbeamten Japaner. In den 18 Logen werden folgende Sprachen verwendet: 10 Logen sprechen sowohl Japanisch als auch Englisch; 5 Logen sprechen nur Englisch; 3 Logen sprechen nur Japanisch.

Als ich 1981 beitrat, war meine Tokyo Yuai Loge die einzige Loge, die auf Japanisch geführt wurde.

Mein persönliches Resümee

Rückblickend auf die Geschichte der Freimaurerei in Japan können wir sagen, dass sie sich heute in einem optimalen Umfeld für ihre Entwicklung befindet. Japan war einst ein geschlossenes Land. Auch das Christentum war verboten. Und die vorherige Verfassung verbot Versammlungsfreiheit.

Das einzige Hindernis für die weitere Entwicklung sind heute die Missverständnisse der Menschen. Es braucht nur gute PR. Das ist sehr ermutigend.

Kulturelle Verschmelzungen und Synkretismus brauchen eine gewisse Zeit.

Wir sind gerade dabei zu erkunden, wie wir die Unterstützung der japanischen Gesellschaft gewinnen können, und man kann sagen, dass wir erst am Anfang dieser Reise stehen.

Ich hoffe, dass das Treffen mit Ihnen allen heute hier in dieser Loge einen weiteren bedeutenden Schritt nach vorne darstellt...

Vielen Dank.


Das Ehepaar Takeda beim Mozart-Grab im Wiener St. Marx-Friedhof … wohl nicht nur weil ihr Besuch den Mitgliedern der Wiener MOZART-Loge galt, sondern vor allem auch weil Wolfgang Amadeus Mozart bis heute einer der berühmtesten Freimaurer der Welt ist.


Siehe auch

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