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| == Traktat: Freimaurerei. Analysen, Überlegungen, Perspektiven ==
| | #REDIRECT[[Hans-Hermann Höhmann: Freimaurerei - Vorwort]] |
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| Prof. Dr. [[Hans-Hermann Höhmann]]
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| Mit freundlicher Genehmigung der [[Edition Temmen]] (Link folgt )
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| == Vorwort ==
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| Seit 1958 gehöre ich dem Freimaurerbund an. Er hat mich durch mein erwachsenes Leben
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| begleitet, ich verdanke ihm menschliche Begegnung, moralische Orientierung, spirituelle
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| Bereicherung und immer wieder Anstöße für die Suche nach dem Weg zu mir selbst.
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| Ich bin immer ein aktiver Freimaurer gewesen und habe mich oft und gern einbinden
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| lassen in das brüderliche Mitgestalten meiner Loge »Ver Sacrum«, der »Großloge der Alten
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| Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland«, der »Vereinigten Großlogen von
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| Deutschland« und der Freimaurerischen Forschungsgesellschaft (Forschungsloge) »Quatuor
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| Coronati«. Mit besonderer Freude habe ich nach der deutsch-deutschen Vereinigung im
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| Jahre 1990 am Wiederaufbau der Freimaurerei in den neuen Bundesländern mitgewirkt.
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| Für all diese Handlungsfelder habe ich immer wieder versucht, Überlegungen anzustellen,
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| Gedanken zu formulieren und Konzepte zu erarbeiten, einmal, um mir selbst über
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| mein Grundverständnis der Freimaurerei als eines ethisch orientierten Bundes mit einer
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| symbolischen Einübungs- und Erfahrungsmethode klar zu werden, zum anderen, um
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| brauchbare Grundlagen für das Gespräch mit meinen Mitbrüdern und den Repräsentanten
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| der Öffentlichkeit zur Verfügung zu haben. Denn Freimaurerei entfaltet sich im Diskurs,
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| und »nichts geht über das laut denken mit einem Freunde« (Lessing).
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| Zu diesen »Überlegungen« und »Kommentaren« sind im Laufe der Jahre immer mehr
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| »Analysen« hinzugekommen. Als »gelernter« Sozialwissenschaftler mit einer ausgeprägten
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| Affinität zu historischer Betrachtung habe ich insbesondere die Zeit nach dem Ausscheiden
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| aus Forschungsinstitut und Universität genutzt, um analytische Beiträge zum Verhältnis
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| von Freimaurerei und Gesellschaft in Deutschland zu erarbeiten.
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| Drei Problemkreise haben mich dabei besonders beschäftigt:
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| *die Voraussetzungen, die eine Freimaurerei zu erfüllen hätte, die auch in der heutigen Gesellschaft
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| attraktiv sein und verstanden werden will,
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| *das spezifische Verhältnis zwischen Freimaurerei und gesellschaftlichem Wandel, das diese
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| Attraktivität offenbar nicht so recht zustande kommen lässt, sowie
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| *die problematische Geschichte der deutschen Freimaurerei in der ersten Hälfte des 20.
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| Jahrhunderts und ihre unzureichende Aufarbeitung in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
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| Hier ließ mich das kollektive Wegschauen großer Sektoren der deutschen Freimaurerei gegenüber
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| mancherlei völkischen Verirrungen nicht ruhen, und ich empfand es zunehmend
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| schlicht als peinlich, unbequeme historische Wahrheiten immer nur von externen Wissenschaftlern,
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| also Nicht-Freimaurern, beschrieben und analytisch erörtert zu sehen.
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| So sind im Laufe der Jahre weit über 100 Texte zur Freimaurerei entstanden, die verstreut,
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| teilweise auch im Ausland, veröffentlicht wurden. Der vorliegende Band, um dessen
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| Zusammenstellung ich von vielen Freunden und auch von externen Kollegen immer
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| wieder gebeten wurde, enthält eine Auswahl dieser Veröffentlichungen. Die Beiträge sind
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| aus einer prinzipiell zustimmenden Haltung heraus geschrieben, sie sprechen aber auch
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| manchen blinden Fleck, ja manches Tabu an, denn wer es gut meint mit der Freimaurerei,
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| darf darüber nicht hinwegsehen.
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| Alle analytischen Beiträge des Bandes wurden gründlich überarbeitet und größtenteils wesentlich erweitert, sodass sie nicht mehr mit den ersten
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| Fassungen identisch sind.
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| Der Verweis auf »Perspektiven« im Untertitel des Buches ist gewählt worden, um zweierlei
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| zum Ausdruck zu bringen:
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| Zum Ersten geht es um die Perspektive des Autors selbst, der seine brüderliche Heimat
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| in einer ethisch-orientierten, der Aufklärung verpflichteten, in den Basisgraden der Freimaurerei
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| beschlossenen, zugleich symbolisch-rituell fundierten und auf spirituelles Erleben
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| ausgerichteten Freimaurerei gefunden und bewahrt hat. Viele Beiträge sind aus dieser eigenen
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| konzeptionellen Perspektive heraus verfasst, zumal es meine Überzeugung ist, dass nur
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| mit einem überzeugenden Konzept ethisch-orientierter Freimaurerei die Integration des
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| Bundes in die Gesellschaft und eine widerspruchsfreie Kommunikation mit der Öffentlichkeit
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| gelingt, bei der nicht Teile des Bundes als schwer vermittelbar verborgen werden
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| müssen.
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| Zum anderen geht es um die vielen Perspektiven der »anderen« bezüglich der Freimaurerei,
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| auf die jeder Beobachter stößt, der sich mit dem Freimaurerbund beschäftigt.
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| Seit ihrer Begründung zu Beginn des 18. Jahrhunderts existierte ja immer nicht allein
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| nur eine Freimaurerei (Singular). Es gab stets viele Freimaurereien (Plural), sowohl in der
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| gesellschaftlichen Realität als auch in den Vorstellungen und Perzeptionen der Mitglieder
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| im Inneren des Bundes und bei den vielen, die ihn teils freundlich, teils unfreundlich,
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| teils durch Verschwörungsparanoia verzerrt seit Beginn von außen betrachtet haben. Von
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| Anfang an war Freimaurerei immer auch ein Produkt unterschiedlicher gesellschaftlicher
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| Wahrnehmung, sie war ein »Raum, in dem vieles möglich war«, wenn dieser Raum auch
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| durch »wieder erkennbare Strukturen und Regeln« (Monika Neugebauer-Wölk) gekennzeichnet
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| wurde.
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| Zu den unterschiedlichen Perspektiven hinsichtlich der Frage, »was Freimaurerei eigentlich
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| ist«, kommen Phänomene von Bedeutungsvergrößerung in den Innen- und Außensichten
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| hinzu. Von innen erscheint Freimaurerei nicht selten als Inbegriff des Humanen,
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| als Bund, der – wie es dann gern heißt – umgehend begründet werden müsste, wenn es ihn
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| nicht schon lange gäbe.
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| == Verschwörungsvorstellungen ==
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| Von außen haben sich die Blow-up-Effekte der Verschwörungsvorstellungen
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| perpetuiert, die die Freimaurerei von Anfang an über ihre natürliche Größe
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| hinaus dämonisierten – notfalls unter Zuordnung mächtiger Kampfgenossen wie der Juden
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| und der Jesuiten – und die den Bund über die Ludendorffs und Rosenbergs bis in die
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| Feuilletons heutiger großer Tageszeitungen hinein begleitet haben.
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| Für einen freimaurerischen Autor, der sich der unterschiedlichen Formen der Freimaurerei
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| und der Ambivalenz der Perzeptionen bewusst ist, bleibt nur, sich zur eigenen
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| Perspektivität zu bekennen und zugleich zu versuchen, eigenen Vorurteilen nicht allzu
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| sehr zu erliegen und analytisch möglichst nahe an die »Freimaurereien der Wirklichkeit«
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| heranzukommen.
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| Herzlich danke ich Christian Meier, Marcus Meyer, Norbert Mülleneisen und Günter
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| Wolf, die das Manuskript oder Teile davon kritisch gelesen und mir bei der Materialbeschaffung
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| geholfen haben. Ihre Kritik und Vorschläge waren hilfreich für mich, doch es
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| versteht sich von selbst, dass die Verantwortung für den endgültigen Text voll beim Autor
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| verbleibt.
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| Dem Verlag [[Edition Temmen]] danke ich für die Aufnahme des Buches in sein Verlagsprogramm
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| und der Forschungsloge »[[Quatuor Coronati]]«, die in einem ganz besonderen
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| Sinne meine brüderliche Heimat und maurerische Inspirationsquelle ist, für die nachhaltige
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| Förderung der Publikation.
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| Gewidmet ist dieser Band der Erinnerung an drei Brüder, die meinen Weg in die Freimaurerei
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| wesentlich geprägt haben: an meinen Großvater Rudolf Friebe, dessen zugewandte
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| Mitmenschlichkeit mich beeindruckt hat, lange bevor ich wusste, dass er ein engagierter,
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| gesinnungstreuer und mutiger Freimaurer war, an meinen Vater Hermann Höhmann, mit
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| dem ich viel über Freimaurerei gesprochen habe, der dennoch nie versucht hat, Einfluss
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| auf die Entwicklung meiner eigenen Vorstellungen auszuüben und dessen fast ausschließlich
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| freimaurerischer Freundeskreis mir viele prägende und anhaltende Eindrücke von der
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| spezifischen Lebenskultur des Bundes vermittelte, sowie an meinen Freund und Bürgen
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| Friedrich Heller, den späteren VGLvD-Großmeister, der mich in den Bund aufgenommen
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| hat und mit dem das »Laut denken mit dem Freunde« bereits vor meiner Aufnahme begann.
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| Köln, im Januar 2011
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| [[Hans-Hermann Höhmann]]
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| === Inhaltsverzeichnis ===
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| *Zur Einführung
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| *[[Freimaurerei in Deutschland: Ein Überblick im Kontext von Geschichte, internationalen Entwicklungen und freimaurerischen Konzeptionen]]
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| *[[Zur neueren Geschichte der Freimaurerei in Deutschland]]
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| *[[Europas verlorener Friede, die national-völkische Orientierung innerhalb der deutschen Freimaurerei und die »freimaurerische Erinnerungspolitik« nach dem Zweiten Weltkrieg]]
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| *[[Deutsche Freimaurerei nach 1945 – Wiederaufbau zwischen Neuorientierung und alten Strukturen]]
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| *[[Sozialwissenschaftliche Analysen zur Freimaurerei]]
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| *[[Habitus, soziales Feld, Kapital – Freimaurerei im Lichte der Soziologie Pierre Bourdieus]]
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| *»The Means of Conciliating true Friendship« – Freimaurerei als Sozialkapital
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| *Diskurse und Betrachtungen zum Verhältnis zwischen Freimaurerei, Politik, Kultur und Gesellschaft
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| *Der deutsche Freimaurerdiskurs der Gegenwart: Was ist, was will, was soll die Freimaurerei?
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| *»Von Gott und der Religion« – Zum Religionsdiskurs 179 in der deutschen Freimaurerei
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| *Vom Vorurteil zum Urteil: Der freimaurerische Bildungsweg Bürgerliches Selbst- und Wertebewusstsein 209 als Zukunftsfaktor Europas
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| *Analysen und Überlegungen zum Ritual der Freimaurer
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| *Die Allgegenwart des Rituellen. Rituale, Ritualforschung,
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| *Freimaurerei »Des Maurers Wandeln, es gleicht dem Leben …«
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| *Überlegungen zur Symbol- und Ritualwelt der Freimaurerei. Plädoyer für die Säule der Schönheit
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| *Zur ästhetischen Dimension der Freimaurerei
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| *Begleiter der Zeit: Engagement und Reflexion 1971–2010
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| *Vier Thesen zur Erneuerung der Freimaurerei (1971)
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| *Plädoyer für eine verantwortliche Freimaurerei – Hat die Freimaurerei öffentliche Aufgaben und wie sollen sie wahrgenommen werden? (1971)
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| *Eine Großloge wird vorgestellt: Leitgedanken zu Standort und Identität der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (1986)
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| *1737–1987: Vergangene Hoffnungen einlösen!
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| *250 Jahre Freimaurerei in Deutschland (1987)
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| *Lessing und die Freimaurerei der Gegenwart (1991)
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| *Herausforderung Deutschland. Überlegungen nach der deutsch-deutschen Vereinigung (1991)
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| *Enthusiasmus und Verantwortung – Zum 230. Stiftungsfest der Loge »Anna Amalia zu den drei Rosen« in Weimar (1994)
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| *Regularität und Humanität: Freimaurerei vor dem Jahr 2000 (1995)
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| *Kulturpreis Deutscher Freimaurer: Kultur des Erinnerns – Kultur der Kommunikation (1998)
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| *Quatuor Coronati: neue Leitung – alte Aufgaben (1999)
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| *Toleranz als politisches Prinzip und persönliche Tugend – die Sicht eines Freimaurers (2000)
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| *Lob eines Brückenbauers: Dr. Alois Kehl zum 80. Geburtstag (2003)
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| *»Ver Sacrum« – junge Loge in veränderter Zeit (2005)
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| *Bürgerlicher Bund in nachbürgerlicher Gesellschaft (2008)
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| *Dan Browns »Verlorenes Symbol«: Freimaurerei zwischen Fiktion und Wirklichkeit (2010)
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